Liebste Walli,
Adventszeit ist für mich die schwerste Zeit im Jahr ohne Dich.
Das ganze Jahr spieltest Du täglich drei Stunden Klavier. Morgens zwei und abends eine Stunde.
Doch am ersten Advent, wenn die Kerzen in der Wohnung angezündet waren und wir unseren Kaffee getrunken hatten, hast Du Dich an das Klavier gesetzt. Du wähltest die Kirchenorgel aus und spieltest die schönsten Weihnachtslieder. Ich saß in meinem antiken Sessel und hörte andächtig zu.
Ich bewunderte Deine Finger, wie sie über die Tasten glitten.
Zum Abschluß spieltest Du für mich immer das "Ave Maria".
So geschah es täglich, die ganze Adventszeit bis zum Weihnachtsfest.
Oft kamen dann die Erinnerungen an vergangene Weihnachtsfeste.
Damals waren unsere drei Enkelkinder noch klein. Du hast die Mädchen als Engel verkleidet, spieltest Klavier und sie sangen dazu; in den Händen hielten sie brennende Kerzen. Die Erwachsenen lasen Weihnachtsgeschichten oder Gedichte vor. Es war immer eine warme, zu Herzen gehende Atmosphäre.
Heute bist Du der Engel und schaust von unserem Stern auf uns herab.
Ich vermisse Dich sehr. Es wird von Tag zu Tag immer mehr. Ich fühle mich sehr allein. Du bist durch nichts zu ersetzen.
Dein Dich immer liebender Norbert
